Gastbeitrag: Text und Fachbeitrag von Ingo Schwabbaur, HolisticaFit & Consulting
Häufig wird angenommen, dass die Einnahme von Proteinen ausschliesslich für Leistungs- oder Kraftsportler relevant ist. Dieses Klischee hält sich hartnäckig und führt dazu, dass viele Menschen den Nutzen von Proteinen für die allgemeine Gesundheit unterschätzen. Die Vorstellung, Proteine seien nur im Zusammenhang mit Sport wichtig, greift jedoch zu kurz. Tatsächlich sind Proteine für jeden Menschen essenziell, unabhängig vom Aktivitätslevel.
Ingo Schwabbaur liegt dieses Thema besonders am Herzen. Mit einer kleinen Beitragsserie in unserem Blog möchte er dazu einen neuen Blickwinkel eröffnen. Proteine sind die Bausteine für Zellen und Gewebe, für die Reparatur von Muskeln und für die Bildung von Enzymen und Hormonen, weshalb man sie als essenzielle Bausteine für den Körper bezeichnen kann. Eine ausreichende Versorgung mit Proteinen ist daher für die Gesundheit unerlässlich und zwar nicht nur für Sportler, sondern für alle.
Aminosäuren erfüllen wichtige Aufgaben im Körper. Von den aufgenommenen Proteinen nutzt der Körper nur 20–30 %, was die Bedeutung von Protein-Supplementen unterstreicht.
Übersicht über die einzelnen Aminosäuren
Untenstehend eine Übersicht über die 20 proteinogenen Aminosäuren. Hierbei handelt es sich um die Bausteine aus denen körpereigenes Eiweiss gewonnen werden kann, also für die Muskulatur, Immunzellen und so weiter.

Aminosäuren werden in essenzielle, nicht essenzielle und semi-essenzielle Gruppen eingeteilt. Essenzielle Aminosäuren wie Lysin muss der Körper über die Nahrung aufnehmen, da er sie nicht selbst herstellen kann. Nicht essenzielle kann er selbst bilden und semi-essenzielle nur unter bestimmten Bedingungen.
Ein Beispiel: Ist zu wenig Lysin vorhanden, wird Arginin ebenfalls essenziell, weil der Körper es dann nicht selbst produzieren kann.
Im folgenden Bild ist grob dargestellt, wozu die einzelnen Aminosäuren benötigen werden.

Aminosäuren im praktischen Einsatz
L- und D-Aminosäuren unterscheiden sich durch die Ausrichtung der Aminogruppe am zentralen Kohlenstoffatom, wie es in der Strukturformel sichtbar wird, was aber für unsere Betrachtung nicht weiter von Bedeutung ist. Die richtige Schreibweise wäre aber beispielsweise L-Arginin, was der Einfachheit halber vernachlässigt wird.
Die Indikationen der einzelnen Aminosäuren im Überblick.

Wirkung von Aminosäuren auf das Immunsystem
- Aufbau und Ernährung der Immunzellen
- Darm-Immunsystem wird gestärkt
- Tight junctions (Verbindungsstücke zwischen den Darmepithelzellen) werden gestärkt -Verbesserung der Darmbarriere
- Antiinflammatorische Wirkung
- Stärkung der Entgiftung
Wenn wir das Immunsystem betrachten, stellen wir fest, dass überall Aminosäuren beteiligt sind und diese physikalischen Barrieren, durch die die Erreger eindringen können, neben weiteren wichtigen Mikronährstoffen, diese stärken. Auch wenn die Immunabwehr aktiviert wird, finden wir überall Aminosäuren.

Was passiert bei einem Infekt?
Bei Infekten steigt der Eiweissbedarf um 30–40 %, da das Immunsystem schnell viele Abwehrzellen und Immunfaktoren bildet. Der Glutaminverbrauch erhöht sich auf das 5- bis 10-fache. Dafür nutzt der Körper Aminosäuren aus Blut und vor allem Muskeln, Muskelabbau ist die Folge. Es empfiehlt sich, die Eiweisszufuhr bei Infekten oder nach Operationen gezielt, um etwa 30 %, zu steigern.
Glutamin ist keine essenzielle Aminosäure, sondern kann aus anderen Aminosäuren gebildet werden, was jedoch nicht unkompliziert ist. Der Körper nutzt zunächst Glutaminsäure aus dem freien Pool und speichert Glutamin hauptsächlich in der Muskulatur. Bei Infekten steigt der Verbrauch an Glutamin, während der Appetit oft sinkt. Dadurch wird der Muskel-Glutamin-Speicher angegriffen, was kurzfristig zu Muskelabbau führen kann.
Wer während einer Diät krank wird, riskiert ausserdem einen Jojo-Effekt: Der Verlust von Muskelmasse verringert den Grundumsatz, denn ein Kilogramm Muskeln verbraucht etwa 10-15 kcal pro Tag, bei Aktivität deutlich mehr.
Aminosäuren & Immunsystem
Zentrale Funktionen und Besonderheiten:
Zusammenfassung
Ein ausgewogenes Aminosäurenprofil ist entscheidend für die Aufrechterhaltung einer stabilen Immunfunktion. Besonders Glutamin, Arginin und Cystein gelten als Schlüsselfaktoren für die Energieversorgung, antioxidative Kapazität und Zellregeneration. Glutamin dient Immunzellen als wichtige Energiequelle, indem es direkt in den Zellstoffwechsel eingeschleust wird, beispielsweise steigt bei intensivem Training der Glutaminbedarf, weshalb Sportler besonders auf eine ausreichende Versorgung achten sollten. Arginin fördert die Zellregeneration, indem es die Bildung von Stickstoffmonoxid anregt, welches die Durchblutung verbessert und so die Versorgung der Zellen unterstützt. Cystein ist als Vorläufer von Glutathion entscheidend für die antioxidative Abwehr, da Glutathion als eines der wichtigsten körpereigenen Antioxidantien wirkt und die Zellen vor oxidativem Stress schützt.
Taurin und Glycin wirken regulierend auf Entzündungsprozesse. Glycin schützt Immunzellen vor oxidativem Stress und fördert die Bildung von Immunglobulinen; zudem wird es bei Lebererkrankungen therapeutisch eingesetzt. Taurin trägt zur Stabilisierung von Zellmembranen bei und kann Entzündungen hemmen, was zum Beispiel bei chronischen Entzündungserkrankungen von Bedeutung ist.
Lysin und Methionin zeigen antivirale bzw. entgiftende Effekte. Lysin hemmt die Vermehrung bestimmter Viren, wie beispielsweise Herpesviren, und wird daher unterstützend bei entsprechenden Infektionen eingesetzt. Methionin unterstützt die Entgiftung in der Leber durch die Bereitstellung von Methylgruppen und trägt so dazu bei, schädliche Stoffwechselprodukte aus dem Körper auszuleiten – insbesondere im Rahmen von Entgiftungs- oder Lebertherapien ist eine ausreichende Methioninzufuhr wichtig.
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Alle verwendeten Bilder stammen vom Vortrag Aminosäuren – ihr Einsatz bei unterschiedlichen Krankheitsbildern - Dr. med. Mantwill- Akademie Dr. Spichalsky; 2024




























































