
Der Num Ri ist ein 6’635 Meter hoher Berg in der Khumbu-Region Nepals, unweit des Khumbu-Gletschers und nur wenige Kilometer südlich des Mount Everest gelegen. Er gilt als technisch schwieriger Sechstausender mit steilen Eis- und Schneepassagen. Entsprechend ist er nur äusserst selten bestiegen worden – bis heute ist erst eine erfolgreiche Besteigung, am 7. November 2002 durch ein deutsch-schweizerisches Alpinistenteam über den anspruchsvollen Südwestgrat, offiziell dokumentiert.
Unser Ambassador Gabriel Jungo nahm das Projekt Num Ri zusammen mit Damian Göldi diesen Herbst in Angriff. Starke Schneefälle durchkreuzten jedoch die Pläne der beiden Alpinisten und stellten sie vor schwierige Entscheidungen. Im folgenden Bericht schildert Gabriel seine Erfahrungen und Gedanken zu einer Expedition, die anders verlief als geplant – und dennoch bleibenden Eindruck hinterliess.
Bericht von Gabriel Jungo
Für mich bedeutet Erfolg im Bergsteigen, sicher nach Hause zu kommen – der Gipfel ist nur der Bonus. Dieses Mal hat mich der Berg daran erinnert, dass Umkehren ebenfalls eine Form von Stärke ist.
Mit grosser Aufregung und Hoffnung bin ich nach Nepal gereist. Zwei Jahre lang hatte ich mich auf dieses Projekt vorbereitet – unzählige Stunden im Büro und noch mehr Stunden beim Training in den Bergen. Rückblickend war es definitiv die richtige Entscheidung, den Versuch abzubrechen. Schon kurz nach der Abreise aus Kathmandu, als ich von den starken Schneefällen in der Region las, machte sich ein ungutes Gefühl bemerkbar – und es sollte mich die ganze Zeit über nicht mehr loslassen.
Als wir das Basislager erreichten und den Num Ri zum ersten Mal sahen, wurde mir klar: Unter solchen Bedingungen würde ich in der Schweiz nicht bergsteigen – also auch hier nicht. Diese Ehrlichkeit mit sich selbst ist entscheidend. Natürlich ist es nicht einfach, eine Expedition abzubrechen, in die man viel Zeit, Energie und Geld investiert hat. Doch kein Gipfel ist es wert, mehr Risiko einzugehen als zu Hause.
Was ich auf dieser Expedition einmal mehr gelernt habe, ist, wie wichtig Vertrauen und ein starkes Verhältnis zum Kletterpartner sind. Auf einer solchen Unternehmung muss man sich blind aufeinander verlassen können – man sollte sich gut kennen, auch die Schwächen und Grenzen des anderen. Nur so kann man aufeinander aufpassen, gemeinsam Entscheidungen treffen und als echtes Team wieder sicher ins Tal zurückkehren.
Dieses Projekt hat mich in vielerlei Hinsicht gefordert – organisatorisch, emotional und mental. Ich habe gemerkt, dass man mit zu viel Stress und innerer Unruhe den Kopf nicht frei hat für das Wesentliche: das Bergsteigen selbst.
In den letzten Jahren habe ich gelernt, meinem Bauchgefühl zu vertrauen, und auch diesmal hat es mich nicht getäuscht. Der Monsun hielt dieses Jahr länger an als gewöhnlich und brachte enorme Schneemengen in die Everest-Region. Auf den Flanken des Num Ri lagen drei bis vier Meter Neuschnee – ein Aufstieg war unter diesen Bedingungen schlicht unmöglich. Das Lawinenrisiko war zu hoch, die Gefahr zu real. Also trafen wir die einzig richtige Entscheidung: umzukehren und sicher nach Hause zurückzukehren.
Manchmal lehrt dich der Berg Demut, Geduld und Respekt – Lektionen, die weit wertvoller sind als jeder Gipfelerfolg.
Wir sind beeindruckt von Gabriels Haltung und Weitblick. Seine Expedition am Num Ri erinnert daran, dass wahre Stärke oft im Innehalten liegt – und dass Abenteuer nicht nur auf Gipfeln entstehen, sondern in allem, was man auf dem Weg erlebt.
Das Wheycation-Team bedankt sich herzlich bei Gabriel und Damian für ihren Mut und ihre Inspiration.
























Split: